04.03.2010

Der zweite Atem - Leben mit Lungenkrebs

„Besser leben bedeutet länger leben“

 

Interview mit Prof. Dr. med. Axel Matzdorff (Onkologie) und Dr. Jochen Maus (Psychosomatik) von der Caritasklinik St. Theresia zum Thema Lungenkrebs. Beide referierten am Samstag, 29. August, als Experten bei der Patientenveranstaltung „Der zweite Atem – Leben mit Lungenkrebs“

 

Was ist Lungenkrebs?

 

Matzdorff: Lungenkrebs ist eine der häufigsten Krebsformen, im Saarland wahrscheinlich die häufigste Krebsform überhaupt. Deshalb ist uns dieses Thema so wichtig. Wir wissen heute, dass es nicht nur eine, sondern verschiedene Formen von Lungenkrebs gibt und für jede dieser Formen eine eigene Behandlung benötigt wird.

 

Was ist zu tun, wenn Lungenkrebs diagnostiziert wurde?

 

Matzdorff: Fragen Sie Ihren Hausarzt, mit wem er gut zusammenarbeitet. Gehen Sie an ein Zentrum, an dem nicht nur Lungenfachärzte, sondern auch Chirurgen, Strahlen- und Chemotherapeuten und speziell ausgebildete Pflegekräfte eng zusammenarbeiten. Scheuen Sie sich nicht, andere Patienten anzusprechen, welche Erfahrungen sie gemacht haben und wo sie gut betreut werden. Im Saarland wird zurzeit eine Selbsthilfegruppe aufgebaut. Eins ist sicher: Bei der Behandlung müssen Patienten und Ärzte vertrauensvoll und eng über eine lange Zeit zusammen arbeiten.

 

Was bedeutet die Diagnose für die Psyche der Betroffenen?

 

Maus: Die Diagnose Krebs ist für die meisten Betroffenen zunächst ein Schock, auf den sie nicht vorbereitet sind. Dieser Schockzustand ist eine normale Reaktion. Typischerweise durchleben die Patienten bei der Krankheitsverarbeitung mehrere Phasen wie z. B.  Schock, Wut, Verhandeln, Akzeptanz. Diese Phasen laufen aber nicht immer nacheinander, sondern wechseln sich während des Krankheitsverlaufes unregelmäßig ab.

 

Ist Lungenkrebs heilbar? Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

 

Matzdorff: Lungenkrebs ist nur heilbar, wenn er früh erkannt wird. Deshalb sollte man auf seinen Körper achten. Wenn man chronischen Husten oder Atemnot hat und dabei an Gewicht verliert, sollte man unbedingt zum Arzt gehen. Viele Patienten kommen jedoch erst, wenn der Tumor bereits sehr groß ist oder gestreut hat. Dann ist vielleicht keine Heilung mehr möglich, aber es gibt immer noch gute Behandlungsmöglichkeiten mit Bestrahlung und Chemotherapie, insbesondere mit neuen, sehr wirksamen Medikamenten.

 

Wie sollen sich Betroffene und ihre Familien und Freunde verhalten?

 

Maus: Krebs ist ein Thema, über das man nicht gerne spricht, weil es mit dem Tabuthema Tod in Verbindung steht. Dadurch ist die Kommunikation etwa zwischen Patient, und Familie  erschwert, da man sich gegenseitig schützen möchte. Eine gemeinsame ärztliche Aufklärung, damit alle Beteiligten einen einheitlichen Wissenstand haben, ist für die gemeinsame Bewältigung der Diagnose Krebs in der Familie oft sehr hilfreich. Ein gutes soziales Netzwerk, die Unterstützung von Familie und Freunden ist ein wichtiges Hilfsmittel für Krebspatienten. Das Wichtigste, was Angehörige und Freunde tun können, ist zuzuhören und Gesprächsbereitschaft signalisieren. Der Impuls für das Gespräch sollte jedoch vom Patienten ausgehen. Wenn sich Anzeichen einer anhaltenden Depression entwickeln, z. B. Stimmungstiefs oder Interesse- und Freudlosigkeit, sollte man fachlichen Rat einholen.

 

Welche Hilfestellungen gibt es im psychosozialen Bereich für Betroffene?

 

Maus: Anlaufstellen sind in erster Linie die Haus-und behandelnden Ärzte des Patienten. Auch das Internet bietet nützliche Hinweise über z. B. Beratungsstellen für Tumorkranke und Angehörige.. Eine gute Adresse im Saarland ist z. B. die Saarländische Krebsgesellschaft.

 

Was tut ein Patient nach der Operation?

 

Matzdorff: Er sollte regelmäßig zu seinem Facharzt gehen. Aber auch der Hausarzt kann hier aktiv werden. Es gibt Nachsorgeempfehlungen mit regelmäßigen Röntgen- und anderen Nachsorge­unter­suchungen, so dass ein Rückfall – den wir natürlich keinem Patienten wünschen – früh erkannt und dann doch erfolgreich behandelt werden kann.

 

Was kann ich selbst tun, um das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, zu minimieren?

 

Matzdorff: Am Besten gar nicht rauchen oder damit anfangen, weniger zu rauchen. Personen mit Berufsrisiko (Asbest) sollen regelmäßige betriebsärztliche Untersuchungen und Nachkontrollen wahrnehmen. Ganz allgemeine Maßnahmen wie gesunde Ernährung und Sport / Fitness sind auch immer sinnvoll.

 

Was passiert, wenn ich mit dem Rauchen aufhöre?

 

Matzdorff: Das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, sinkt, je länger man nicht mehr raucht. Es wird nie ganz so gut sein wie bei einem „Nie-Raucher“, aber es ist immer besser als weiter zu machen. Die Lunge regeneriert sich mit der Zeit.

 

„Mein Opa hat geraucht und wurde 100 Jahre alt…“

 

Matzdorff: Das ist gut für den Opa, aber wie immer im Leben bestätigen Ausnahmen die Regel. Die meisten Raucher werden noch nicht mal 70 Jahre alt, während die meisten Nichtraucher die 80 erreichen. Der beste Patient ist immer noch der, der gar keinen Lungenkrebs bekommt. Nicht nur für sich, sondern auch für seine Familie.

 

Inwieweit beeinflussen psychische Faktoren die Entstehung der Krankheit oder die Heilungschancen?

 

Maus: Es wurde durch Untersuchungen bisher nicht belegt, dass Krebs durch psychische Faktoren verursacht wird. Aber bei Krebserkrankten haben psychische Faktoren für die Lebensqualität eine große Bedeutung. Psychisch gestärkte Patienten haben meist einen besseren Krankheitsverlauf. „Besser leben bedeutet länger leben“.

 


Info
Gesprächskreis Lungenkrebs – Betroffene für Betroffene – Kennenlerntreffen am Mittwoch, 09. September 2009, 17:00 bis 19:00 Uhr in der Caritasklinik St. Theresia.
Medizinischer Ansprechpartner: Dr. med. Georg Borkenhagen, Internist und Pneumologe im Medizinisches Versorgungszentrum Rheinstraße an der Caritasklinik St. Theresia.

 

www.caritasklinik.de

 

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